Es ist soweit, bin angekommen im Süden, auf einem, ja wie nennt man das, Hof vielleicht. Auf dem Land. Es soll in der Nähe von Malmö sein, davon ist allerdings hier nichts zu sehen, es fühlt sich nach Land an. Aber das ist nicht schlimm.
Es sind drei Familien zusammengekommen um Weihnachten zu feiern. Drei Familien, lass mal zählen, eins zwei drei… dreizehn plus zwei Großeltern und mich. Das sind ganz schön viele. Bisher habe ich so eine große Familienparty noch nicht erlebt. Nicht Zuhause und auch nicht hier.
Am 22., nachdem wir alle angekommen waren, musste das Haus noch vorbereitet werden: der Baum aufgestellt und geschmückt werden, eine große Tafel für alle aufgestellt werden, besprechen, was am nächsten Morgen an Lebensmitteln einzukaufen ist und jede Menge Quatsch musste gemacht werden. Viele in der Familie sehen sich nur selten. Das führt zu Wortwechseln die mein Hirn nicht zusammen bekommt. Sobald Menschen erfreut und aufgeregt sind, neigen sie dazu, schneller und noch schneller zu reden. Zum Glück bemerken ein paar meinen verstörten Gesichtsausdruck und wechselten ihre Sprache in ein Schwedenglisch. Dann konnte ich mitmachen und es wurde ein lustiger Abend.
Der Baum, ein riesiges Teil, stand ganz schnell im Zimmer. Habe gar nicht mitbekommen, wer das gemacht hat. Er war auf einmal da. Nun kamen die Lichter, weiße Kugel und ein großer Stern an die Spitze. Kein Lametta oder rote Kugeln. Aber das muss ja auch nicht.
Am Ende des Tages lagen gefühlt unendlich viele Geschenke unter dem Baum. Da ist bestimmt der Lieferant zweimal mit dem Rentierschlitten vorbeigekommen um alles anzuliefern. Und die Geschichte mit dem Kamin – glaube ich auch nicht mehr. Es hätte ja ewig gedauert bis der dicke Mann im roten Mantel alles durch den Kamin geworfen hätte. Also – ein Mythos, gibt es nicht. Und jetzt – noch zweimal muss ich schlafen, dann ist Weihnachten.
Am Tag vor dem Heiligabend noch mal schnell einkaufen gehen. Meine Eltern versuchen das immer zu vermeiden, da so viele Verrückte die Supermärkte plündern, hier scheinbar normal. Aber bevor es losgeht erstmal mit allen frühstücken. Und gleich die ersten Panikattacken meiner Gastmama. Ihre Kinder tun, was Kinder schonmal tun, weißes Brot mit zwei fIngerdick Butter und darauf einen fingerdick Zucker. Ich meine Qualm aus den Ohren von Emma kommen gesehen zu haben, und habe ganz brav meinen porridge gegessen. Keinen weiteren Stress bitte.
Nach dem Frühstück wurden die Aufgaben verteilt und alles strömte aus in die umliegenden Dörfer seine Einkäufe erledigen.
Jetzt etwas, was ich auch noch nicht erlebt habe. Alle stellen sich vor der Markthalle auf, die Türen öffnen sich und alle sprinten los um sich eine Nummer zu ziehen. Das ist echt olympiareif. Trotz aller Anstrengungen haben wir nur die Nummer 77 ergattert. Man merkt, wir haben in dieser Disziplin nicht wirklich Erfahrung. Und ja, beim Brot ist nix los. Da braucht man keine Nummer. Das überteuerte komische Zeug will nichtmal ein Schwede kaufen. Das ist bestimmt nur für Touristen da.
Den Tag beendeten wir mit viel essen, gequatsche und vielen Spielen mit allen.
Nun ist es soweit, es ist der 24.12. Bisher kannte ich das so, Baum eindübeln und schmücken, unlustig etwas spazieren gehen, in der Stadt noch was schlendern und nachmittags gibt es Bescherung, alle freuen sich kurz, fressen sich voll und hängen ab. Das ist aber deutlich anders hier.
Über Nacht hatte irgendjemand überall im und am Haus kleine Geschenke versteckt.
Viel Schmuck für den Weihnachtsbaum. Fast wie Ostern, nur ohne Eier.
Nach dem Frühstück, viel zu viel war es, mit vielen ungesunden aber leckeren Sachen, kam der Jultomte. Ohne ihn ist in Schweden Weihnachen undenkbar. Das ist so ein Wichtel der hier die Geschenke für die Kinder bringt. Sowas wie bei uns der Weihnachtsmann oder das Christkind. Nachdem der Zwerg wieder los war, suchten die Kinder weiter nach Geschenken, Diesmal als Bildersuche. Beispiel: an der Waschmaschine wurde ein Zettel versteckt mit einem Hinweis auf den nächsten Ort. Am Ende gab es ein Geschenk. Wer das alles hier vorbereitet hat, keine Ahnung. Es war auf einmal da. Muss der Tomte gewesen sein meinten alle.
Neben all dem Geschenkewahnsinn wurde aber auch gegessen bis der Arzt kommt. So viel, und vor allem so viel verschiedenes, habe ich noch nie auf einem Haufen gesehen. Köttbullar, Fisch in allen Variationen, Shrimps, Kartoffeln, Salate, Korv (kleine Würstchen), Rote Beete und Süssen sowie Saures. Mit jeder Mahlzeit gab es neues dazu. Mein Gefühl sagt mir, wir haben den ganzen Tag gegessen und sind jetzt Kukelrund und rollen nur noch rum. Aber es war saulecker.
Nach dem Essen wurde Kalle Anka, das ist Donald Duck auf schwedisch, geschaut und anschliessend gab es eine riesengroße Bescherung. Es hat ziemlich lang gedauert, bei der Menge an Geschenken, immer eins zur Zeit. Das baut schon ganz schön Spannung auf. Aber es war auch schön zu sehen, wie sich die Kinder freuen.
Am Abend wurde es dann auch erstaunlich schnell ruhig. Kein Wunder bei all der Fresserei. Alle hatten was zu tun, zu lesen oder Musik hören.
Den ersten Weihnachtstag verbrachte ich noch hier in Lund um mich von all dem zu erholen. Danach ging es weiter zu meiner neuen Familie. Sie lebt hier ganz in der Nähe, fahren da noch etwa 30 Minuten von hier hin. Bin gespannt wie mein großen Abenteuer weiter geht.
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